Gregor von Nazianz und sein Beitrag zur Trinitätslehre

23.09.2018 14:55

Priesterseminar St. Petrus

Semesterarbeit im Fach Patrologie

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dozent: W. Weihrauch

 

Thema: Gregor von Nazianz und sein Beitrag zur Trinitätslehre.

 

Student: V. Prusakov

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wigratzbad 2016

 

Gregor von Nazianz und sein Beitrag zur Trinitätslehre

Vorbemerkungen

Gregor von Nazianz (der Theologe) gilt zurecht als einer der Schöpfer der dogmatischen Theologie der Universalkirche. Sein Beitrag war immerhin mehr im Osten gewürdigt, vor allem aus dem Grund, dass seine Werke als erste Quelle für die systematische Theologie des hl. Johannes von Damaskus galten. In seinem Werk „De fide orthodoxa“ werden die theologischen Reden des Gregors sehr oft zitiert.

Um die Bedeutung der theologischen Leistung Gregors gerecht zu sein, muss man sich ein Bild der Epoche zu verschaffen. Um die Mitte des IV Jd. bekommen die Streitigkeiten zwischen den Arianern und Orthodoxen den Charakter eines verzwickten „terminologischen Kampfes“. Im Zuge dieses Kampfes legten die streitenden Parteien oft die gleichen Termini im verschiedenen, ja im gegenseitigen Sinne aus. Später, „in den 60en und den 70en Jahren desselben Jahrhunderts kommt es weitgehend zu einer Beruhigung und Entspannung. Ausgewogenheit und Weisheit setzten sich allmählich gegen die polemische Erbitterung durch. Die alten Feinde werden zu Freunden. Die Arianer berufen keine Konzilen mehr um ihren Glauben neu zu formulieren. In ihren Kreisen kommt man zu der Einsicht, dass die neue Ausformulierungen sich sowieso nicht behaupten und keine Verbreitung finden können“1. Der Arianismus blieb in der besagten Zeit immer noch im Konstantinopel stark, dennoch auch von dort aus ergeht die Einladung um das Jahr 380 an den Gregor Nazianz. Allein die Tatsache zeigt, dass auch in der Kaiser-Metropole nimmt das Interesse für den rechten Glauben immer mehr zu.

 

Neu-Nizäner

In den 60en Jahren des IV Jd. findet sich eine Annäherung zwischen den Semiarianern (Homoiousinaner) und den Orthodoxen statt. In diesen Jahren herrschte innerhalb der Semiarianern keine Einheit in Bezug auf die Bedeutung des von ihnen bevorzugten Begriffs „homoiousios“ (wesensähnlich). Mehr und mehr entwickeln die Semiarianer die Meinung, dergemäß homoiousios im Sinne eines Synonims des homoousios (wesensgleich) zu verstehen sei. Vermutlich soll man in diesem Milieu die Wurzeln der neunizänischen Doktrin zu suchen. Drei Hauptvertreter dieser Richtung sind Basilius der Große, Gregor von Nyssa und Gregor Nazianz. Da alle drei aus Kappadokien stammten, nennt man sie auch „ die große Kappadokier“.

Die Neunizäner treffen eine Unterscheidung, die zur Zeit des ersten ökumenischen Konzils (325) noch nicht bestand. Im Griechischen galten die Begriffe ousia und hypostasis als vollständige Synonyme. Die Neunizäner übernahmen zwar diese zwei Worte, gaben jedoch ihnen eine neue Bedeutung bei. Die Kappadokier bezeichneten mit dem Begriff ousia die allgemeine Natur des Dreieinigen Gottes, und mit dem Begriff hypostasis – die Gesamtheit der „persönlichen“ Proprietäten, wodurch jede der göttlichen Personen sich von der anderen unterscheide. Ihre ἰδιότητες oder Proprietäten sind: ἀγεννησία, γέννησις, ἐκπόρευοις. Statt ἐκπόρευοις werden auch die Ausdrücke πρόσοδος, πρόβλημα, ἔκπεμψις gebraucht. Demzufolge bekam der nizänische Begriff ousia eine etwas andere Färbung.

Das Wort homoousios des Glaubensbekenntnisses bedeutet für sie nun, dass das göttliche Wesen allen drei Personen in gleicher Weise zukommt und damit jede der drei göttlichen Personen eine Fülle des Gottes-Seins in sich umfasst. Damit erscheint der Ausdruck des bisherigen Glaubensbekenntnisses von Nizäa „ek tis ousias tou Patrosex substantia Patris“ als unnötig und ja überholt. Es geht den Kappadokiern nicht mehr um die Substanz (ousia) des Vaters sondern um allen Personen gemeinsame göttliche Substanz. Gregor sieht diese Lehre als einen notwendigen Mittelweg zwischen dem monarchischen Modalismus („Sabellianismus“) und dem monarchischen Dynamismus („Arianismus“).

Die klassische Darstellung der neunizänischen Doktrin findet man in der Rede 20. Diese Rede, die kurz nach der Ankunft in Konstantinopel gehalten wurde, darf man als Vorwort und Zusammenfassung der bald darauf folgenden s. g. “fünf theologischen Reden” ansehen.

“Wir beten den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist an, ihre Proprietäten (gr. idiótites) unterscheidend, aber ihre Einheit in der Gottheit bekennend. Um nicht in die Krankheit des Sabellius zu fallen, verwischen wir nicht die Drei zu Einem. Und um nicht an dem Wahnsinn des Arius teilzunehmen, trennen wir sie nicht in drei fremde, verschiedene Wesen. Muß man denn ein Bäumchen, wenn es sich nach der verkehrten Seite hinüberneigt, gewaltsam nach der entgegengesetzten Seite wenden? Soll man die Verkrümmung durch Verkrümmung heilen? Soll man nicht vielmehr in der Mitte gerade aufrichten, um innerhalb der Grenzen des Glaubens zu bleiben?

Wenn ich das lehre, was in der Mitte liegt, sage ich die Wahrheit; auf sie allein achten wir mit Recht. Wir wollen keine schlimme Vermengung und keine noch törichtere Trennung. Dadurch, daß man aus Furcht vor Vielgötterei den Logos zu einer einzigen Hypostase vereint, würden uns in dem Bekenntnis des einen Vaters und Sohnes und Heiligen Geistes nur noch leere Namen gelassen werden, und wir würden nicht so sehr erklären, alle seien eins, als vielmehr, jeder sei nichts; denn, wenn sie ineinander über- und aufgehen, würden sie aufhören zu sein, was sie sind. Nicht sollen sie anderseits, wie es die mit Recht als Wahnsinn bezeichnete Lehre des Arius will, in drei fremde, ungleiche und auseinandergerissene Wesen getrennt werden oder der Macht und Ordnung entbehren und gewissermaßen gottfeindlich sein, sofern sie bald, wenn nur dem Unerzeugten Göttlichkeit zugeschrieben wird, in jüdische Engherzigkeit eingeschlossen werden, bald - was noch törichter denn das Gesagte ist - als drei Mächte und drei Götter in das entgegengesetzte, gleich große Übel gestürzt werden“2

Es gibt noch einen zweiten Punk, der den großen Verdienst Gregors für die Rechtgläubigkeit und die Einheit der Kirche manifestiert. Es brauchte einige Zeit, bis die Altnizäner und mit ihnen Rom die Angemessenheit der Unterscheidung zwischen ousia und hypostasis akzeptieren. Gregor kennt das sprachliche Problem und fasst es folgendermaßen zusammen: „Die Westlichen können aufgrund der Armut ihrer Sprache und derer Wortschatzes die griechische Bezeichnungen ousia und hypostasis von einander nicht unterscheiden“3. Die byzantinische Hochmut dieser Aussage ist unverkennbar, trotzdem hat der Gregor das Problem richtig erkannt und einen terminologischen Ausweg vorgeschlagen. Im Westen übersetzte man damals beide griechische Begriffe mit substantia. Für die notwendige theologische Unterscheidung innerhalb der heiligen Dreieinigkeit gebrauchte man das Wort persona. Das hat die Anhänger der antiochenischen Schule nicht ohne Grund beunruhigt. Die „persona“ erinnerte an den Modalismus und sein Bild der Dreifaltigkeit. Ja, Sabelius selbst ist ein in Rom tätiger Presbyter gewesen. Für diese Häretiker waren die drei göttlichen Personen bloße Masken einer göttlichen Monade. Die Dreifaltigkeit dieser Monade war ein bloß historisches Phänomen (eine zeitliche Reinfolge der Selbstoffenbarung dieser Monade) und nicht eine ontologische Wirklichkeit. In der Theater-Sprache der Antike hieß eine Maske eben persona, oder πρόσοπον. Diese terminologische Mauer des Missverständnisses wurde gleichermaßen vom Gregor Nazianz aufgehoben, indem er den westlichen Gebrauch billigte, vorausgesetzt man verstehe unter persona dasselbe, was man im Osten mit hypostasis gemeint hat.

Die fünf theologischen Reden

 

Den größten Ruhm erwarb sich Gregor durch seine fünf im Jahre 380 zu Konstantinopel gehaltenen theologischen Reden (Rede 27-31). Sie trugen ihm den Namen „Gregor der Theologe” ein. Er behandelt in denselben die neunizänische Trinitätslehre gegen die radikalsten Vertreter des Arianismus. Diese radikalen Vertreter haben die Namen „Anomeer“ oder „Eunomianer“ bekommen. Aus der Sicht der neueren Forschung ergibt es sich als falsch die Mazedonianer als Gregors primäre Gegner und als Anlass zur Einberufung des zweiten ökumenischen Konzils zu betrachten. Sie waren eine marginale Gruppe mit der schwer definierbaren Lehre. Dagegen ist die Lehre der Anomeer (Eunomianer) rekonstruirbar. Der erste Name kommt von ihrem Glaubenssatz: „anómios ti ousía – unähnlich in dem Wesen“ in Bezug auf die zweite Person. Eunomianer sprachen über die „agennisía – Ungeborensein“ Gottes und sahen darin das Wesensmerkmal der göttlichen Natur. Da dieses Atribut alleine dem Gott-Vater zukommt, könne der Sohn nicht mit dem Vater gleichen Wesens sein. Gemäß der Auffassung der Eunomianer ist der Sohn nicht bloß dem Vater unähnlich, sondern sogar Ihm wesentlich (!) entgegengesetzt, von Natur aus fremd und hat mit dem Vater keine naturgemäße Ähnlichkeit. Es sei hier nochmals betont, dass es im Falle der Anomeer um die Lehre der radikalsten Vertreter des Arianismus handelte. Diese Lehre war genügend plakativ, was die Polemik einfacher machte. Zur Zeit der „fünf theologischen Reden“ war jedoch die anomeische Lehre kaum die verbreitetste Form des Arianismus, der in manchen seiner Unterarten der zweiten göttlichen Person den göttlichen Titel (wenn auch im neuplatonsch-subordinationistischen Sinne) sehr wohl zuerkannte.

Ich gebe hier eine knappe Zusammenfassung der fünf theologischen Reden. In der Rede 27 (die erste theologische Rede) geht es um die notwendigen Voraussetzungen für jede rechte Theologie. Nach der Meinung Gregors kann nur derjenige die Theologie betreiben, der sein Leben in Betrachtung verbringt und sich ständig für Gott reinigt.

In der Rede 28 geht es um die göttliche Natur. Gott ist unbegreiflich, zwar körperlos aber selbst von den Engeln wesentlich verschieden. Sein Wesen ist der menschlichen Erkenntnis in diesem Leben entzogen, nicht jedoch die Tatsache Seiner Existenz, zu der man mit Kräften seiner Vernunft kommen kann. Interessant ist dabei, dass der Gregor eine Wesens-Erkenntnis Gottes in Jenseits für den geretteten Menschen für möglich hält. Das hängt jedoch mit der spezifischen Auffassung dessen, was das Heil für ihn konkret ausmacht. Gott kann nicht in Kategorien von Raum und Zeit beschrieben werden, Er übersteigt jede Bestimmung und jede Vorstellung. Gott wird von Menschen nur durch eine Betrachtung des Kosmos, oder der wohl geordneten Natur einiger Lebewesen annähernd geahnt. Damit gilt der Gregor zu recht als einer der treuesten Vertretern der s.g. „apophatischen“, d.h. „verneinenden“ Theologie. „Ihr müßt wissen, daß die Religion nicht darin besteht, daß man viel über Gott spricht, sondern daß sie eher sich im Schweigen zeigt. Wird die Zunge von der Vernunft nicht im Zaume gehalten, bringt sie die Menschen zum Falle. Glaubet, daß das Hören nie so gefährlich ist, wie das Reden, daß es daher besser ist, über Gott Unterricht zu empfangen, als zu geben!“4 Nicht desto trotz bleibt Gregor pragmatisch und versteht, dass alleinige Verneinung ins nichts führt, wenn auch der Primat der apophatischen Methode sicher gestellt und hervorgehoben sein muss. Diese etwas vernunftfeindliche Einstellung Gregors ist nicht aus dem arianischen Kontext wegzudenken. Die Arianer (sich auf Aristoteles stützend) vertraten einen unbegrenzten Rationalismus und zwar auch in den Fragen der Gottes-Erkenntnis.

Die Reden 29 und 30 stellen eine systematische Christologie dar, die sich gegen die Eunomianer richtet. Dabei wird die Frage nach den Gottes-Namen aufgegriffen. Gregor der Theologe ist der erste auf dem ostchristlichen Boden, der sich mit dem Thema der göttlichen Namen systematisch auseinandersetzt. Der Autor des „areopagitischen/dyonisianschen Korpus“ ist vom Gregor mit Sicherheit abhängig.

In der Rede 31 beweist Gregor die Göttlichkeit des Heiligen Geistes und seine Gleichheit mit den zwei anderen göttlichen Personen. Neben diesem Thema entfaltet hier der Gregor eine immer noch gültige Lehre über die Dogmen- und Lehr-Entwiecklung innerhalb der Kirche. Diese Überlegungen bleiben gültig und wegweisend bis zu dem heutigen Tag.

Im Laufe der ganzen byzantinischen Geschichte blieben diese fünf theologischen Reden die am meisten gelesenen und die am meisten angesehenen Quellen der rechtgläubigen Christologie der Ostkirche. Noch in der Lebenszeit Gregors wurden sie zu einem „Manifest des Nizänischen Glaubens5“. Diese Reden, zusammen mit den Schriften anderer Kappadokier, bildeten die theologische Basis für die argumentative Widerlegung des verbleibenden Arianismus im zweiten ökumenischen Konzils im Jahre 381 und darüber hinaus

 

Die Lehre des hl. Gregors Nazianz vom Hl. Geist.

 

Im IV Jahrhundert war die Lehre über den heiligen Geist noch nicht überall vollständig ausformuliert. Es herrschten verschiedene Meinungen über die dritte göttliche Person. Gregor wirft Basilius dem Großen vor, dass er an keiner Stelle seines Werkes über den hl. Geist Ihn ausdrücklich als Gott bezeichnete. Das hat Gregor veranlasst den Basilius für die Kleinmut zu tadeln. Gregor und Basilius hatten ohne Zweifel eine rechtgläubige Lehre über den hl. Geist gehabt, jedoch scheute sich der Basilius diese Lehre zum Ausdruck zu bringen. Er befand sich in einer ernst zu nehmenden Gefahr für eine solche Bekenntnis (der hl. Geist ist Gott gleichen Wesens mit dem Vater und dem Sohn) seines Bischofsstuhles verlustig zu gehen.

Gregor hingegen sah in der Verkündigung der Gottheit des hl. Geistes seine Lebensaufgabe. Gregor vertrat eine theologische Entwicklungslehre, der gemäß es durchaus die Zeiten gab, in denen es eine solche Bekenntnis nicht angemessen war. Jetzt aber ist die Zeit angebrochen, in der die Gottheit des hl. Geistes ans hellere Licht treten muss.

Diese Bekenntnis begegnet uns hie und da in seinen Werken. Eine systematische Form erhält diese Lehre über den hl. Geist in den berühmten theologischen Reden. Gregor betritt ziemlich verschiedene Wege um die Gottheit des hl. Geistes zu beweisen. Er scheut sich auch nicht zu den rein philosophischen „dialektischen“ Überlegungen zu greifen. Zum Beispiel stellt er die Frage, ob heiliger Geist als Substanz oder als Akzidenz zu fassen ist, usw. Diese Gruppe von Argumenten ist zeit-bedingt, von geringer Beweiskraft und darum auch außerhalb meines Interesses in Rahmen dieser kleinen Arbeit.

Seine rein theologische Argumente zu dem Thema lassen sich in die vier Gruppen unterteilen. Das Hauptargument der Gregors Gegner bestand darin, dass der heilige Geist an keiner Stelle der Bibel ausdrücklich als Gott genannt wird. Die vier Gruppen von Antworten auf diese Frage möchte ich hier näher betrachten.

  1. Erstens verweist Gregor die Arianer (die sich weitgehend mit den Pneumatomachen deckten) auf die Tatsache, dass auch ihre Streit-Terminologie der Schrift fremd sei. Seitens der Gegner tauchten meistens die Begriffe „ungeboren“ und „anfangslos“ in der Polemik auf. Gregor verspottet diese zwei Worte als feindliche Bastionen oder Bollwerke (ακροπόλεις). Man solle entweder gar keine Worte, die nicht der Schrift entnomen sind, anwenden, oder aufzuhören das Herausbilden der neuen Sprache als eine Schwäche der Theologie anzusehen. Gregor ist überzeugt, dass ein Verzicht auf die „außerbiblische Terminologie“ für die Theologie dem Tode gleichen wird.

  2. Gregor entwirft seine eigene, immer noch aktuelle Theorie der dogmatischen Entwicklung. Der Hauptgedanke ist der folgende. Was selbst zur Zeit des neuen Testamentes verborgen war, darf später in der nach-biblischen Zeit zum Ausdruck gebracht werden. Die Kirche steht unter dem Einfluss des hl. Geistes, der sie in die ganze Wahrheit einführen wird. Damit ist die Zeit der Offenbarung in Prinzip nie abgeschlossen worden ist.

  3. Die Lehre vom hl. Geist wird vom Gregor auch im Kontext der Taufe behandelt. Es steht gerade dem heiligen Geiste zu in der Taufe und in den übrigen Sakramenten als aktives Subjekt zu handeln. Heiliger Geist ist derjenige, der die Wiedergeburt ermöglicht, der den Menschen wiederherstellt, umgestaltet und letztlich vergöttlicht.

“Denn wenn der Heilige Geist nicht angebetet werden darf, wie vergöttlicht Er mich dann noch durch die Taufe? Wenn Er jedoch angebetet werden darf, warum wird Er dann nicht verehrt? Wenn Er aber verehrt werden darf, wieso ist Er dann nicht Gott? <...> Vom Geist kommt die Wiedergeburt und von Wiedergeburt die Umgestaltung, von der Umgestaltung die Erkenntnis der Würde dessen, Der uns umgestaltet hat“6.

Der hl. Geist handelt gerade in den Sakramenten wie eine Person, deren Wirkungen in einer Erfahrung des kirchlich-sakramentalen Lebens von den Gläubigen wahrgenommen werden.

  1. Endlich wendet sich der Gregor an die Zeugnisse der hl. Schrift. Die Arianer warfen den Rechtgläubigen vor, dass sie mit der Lehre über die Gottheit des heiligen Geistes „<einen> fremden und der Schrift unbekannten Gott herbeibringen7. Die Beweisführung des hl. Gregogrs entfaltet sich in diesem Punk folgendermaßen. Gregor zeigt anhand vieler Stellen, dass die Heilige Schrift die rein göttliche Attribute, Bezeichnungen und Eigenschaften ohne jegliche Schwierigkeit an den heiligen Geist anwendet. Eine unausweichliche Folge davon ist die, dass der heilige Geist in gleicher Weise wie der Vater und der Sohn der göttlichen Würde mit Ihnen gemeinsam teilhaftig sein muss.

Schluss

Im Hintergrund aller gesamt-kirchlichen theologischen Verdienste des hl. Gregors muss man noch kurz auf eine Besonderheit seiner Erlösungslehre hinweisen. Der orthodoxe Bischof Hilarion Alfeev (Moskauer Patriarchat), Autor des umfangreiches Werkes zur Theologie des hl. Gregors Nazianz spricht über seine Lehre von „Theosis – Vergöttlichung“ im Sinne eines Schlüssels zum Verständnis der tiefer liegenden Auseinandersetzungen zwischen dem Heiligen und den Arianern.

„Die Lehre von der Vergöttlichung stellt für den Gregor das Leitmotiv seiner dogmatischen mitsamt der mystischen Theologie dar. Heil des Menschen bedeutet für ihn nichts anderes als die Vergöttlichung. Für Eunomius hatte die Soteriologie nichts mit der Vergöttlichung zu tun. Das bedeutet, dass die Auseinandersetzungen betrafen das Herzstück der christlichen Lehre. Der Streitpunkt zwischen dem Gregor und dem Eunomius lag letzten Endes nicht in der trinitarischen Terminologie, sondern bei der Beantwortung der Frage, was das christliche Heil konkret bedeutet und welche Folgen es hat.“8

Dem heiligen Kirchenlehrer Hieronymus ist es geglückt den heiligen Gregor Nazianz in Konstantinopel kennenzulernen. Der gelehrte Exeget des Abendlandes war dermaßen über ihn verwundert, dass er vermerkte: „Dem <Gregor> können die Lateiner keinen zur Seite stellen9. Einen Vergleich und zwar mit keinem geringeren als Augustinus wagt der Patrologe A. Hamman: „Wenige Theologe haben uns so folgerichtig den Sinn der Theologie aufgeschlossen. Die griechische Kirche hat sich in ihm wiedererkannt. Seine Reden wurden abgeschrieben, illustriert, mit Miniaturen ausgestattet wie Evangeliare. In der griechischen Prediktliteratur spielen sie die Rolle, die dem Augustinus im Westen zufällt“10.

 

-Vasily Prusakov FSSP, Wigratzbad 2016

 

Bibliographie


 

Die Übersetzungen:

  1. Des heiligen Bischofs Gregor von Nazianz Reden 1-20. Aus dem Griechischen übersetzt von Dr. Theol. Philipp Haeuser. (Bibliothek der Kirchenväter, Band 59) München: Josef Kösel und Friedrich Pustet, 1928.

  2. Gregor von Nazianz Theologische Reden. Übersetzung von Hermann Josef Sieben. (Fontes Cristiani, Band 22). Freiburg: Herder, 2009.

     

Die sekundäre Literatur:

3. Hamman A. Die Kircheväter – Kleine Einführung in Leben und Werk. Freiburg in Br.: Herder, 1967.

  1. Alféev I. Žizn' i učenije svjatitelja Grigorija Bogoslova. Moskau: Sretenskij Kloster-Verlag, 2007.

  2. Lébedev A. Vselenskije Sobory. 4. Aufl. Sankt-Peterburg: Oleg Abyshko´s Verlag, 2013.

  3. Floróvskij G. Vostočnye otzy IV veka. Paris, 1931.

1Die erste Ziffer in der Klammer bedeutet die Nummer des Buches in der Bibliographie, die zweite die Seitennummer. [5, 106].

2[1, 407-408]

3[6, 22] in eigener Übersetzung.

4[1, 70]

5[4, 99]

6[2, 327]

7[2, 275]

8[4, 331-332] in eigener Übersetzung.

9[3, 107]

10[3, 113]

 

 

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